Inselweiter Ausfall - Kuba in Dunkelheit gehüllt

Stromausfall in Kuba
© Nick Kaiser/dpa

Stromnetz zusammengebrochen

Havanna (dpa) - Jeder Kubaner weiß, wie es klingt, wenn der Strom ausfällt. Es ist weniger ein Geräusch als das plötzliche Nachlassen eines ständigen, leisen Brummens – ähnlich wie das Herunterfahren eines Computers. Dann beginnt das Pfeifen der Polizisten, die an den größeren Kreuzungen wegen des Ausfalls der Ampeln den Verkehr leiten.

Die Bewohner des Karibikstaats sind mit alldem wohl vertraut, weil ihre Heimat seit mehreren Jahren eine schwere Energiekrise durchmacht. In Teilen der von der Kommunistischen Partei regierten Insel fällt der Strom regelmäßig mehr als zwölf Stunden am Tag aus – vor allem in der heißesten Zeit des Jahres, wenn der Bedarf am größten ist. Die Wärmekraftwerke sind alt und in schlechtem Zustand, es fehlt an Kraftstoff und an den Mitteln für eine vernünftige Instandhaltung. Jetzt ist das Netz kollabiert und die Elektrizität im ganzen Land ausgefallen.

In der Hauptstadt Havanna sitzen viele Menschen vor ihren Häusern, auf öffentlichen Plätzen oder auf der Ufermauer am Meer beisammen, während die einsetzende Freitagnacht die Metropole in Finsternis hüllt. Aus verschiedenen Richtungen sind Stimmen und Gelächter aus unsichtbaren Quellen zu hören. Beleuchtet sind nur noch Hotels und Krankenhäuser, die Generatoren haben. Ansonsten spenden Autoscheinwerfer grelles Licht. Fußgänger, deren Handys noch aufgeladen sind, schalten deren Taschenlampen an, um auf den brüchigen und vom Regen rutschigen Gehwegen nicht zu stürzen oder umzuknicken.

Krise verschärft sich

In Havanna sind Stromausfälle seltener als im Rest des Karibikstaates, besonders in touristischen Stadtvierteln. Zuletzt verschlimmerte sich die Krise aber, der Strombedarf des Landes wurde nur noch gut zur Hälfte gedeckt. Auch in der Hauptstadt ist in dieser Woche jeden Tag für mehrere Stunden der Strom ausgegangen. Donnerstagnacht (Ortszeit) verkündet dann die Regierung Maßnahmen, um Strom und Sprit zu sparen. Aktivitäten, die nicht unbedingt nötig sind, sollen vorerst eingestellt werden.

Ministerpräsident Manuel Marrero stellt die Maßnahmen in einer Fernsehansprache vor, die wegen technischer Probleme bei der Verbindung zwischen Havanna und Santiago de Cuba, der zweitgrößten Stadt des Landes, mit etwa zwei Stunden Verspätung beginnt. Als Marrero schließlich erscheint, ist die Übertragung gestört, so dass man vieles von dem, was er sagt, nicht hören kann. Dafür gibt es Spott und Zorn in sozialen Medien – für einige Kubaner veranschaulicht der missglückte Auftritt die Inkompetenz der Regierung. Dann, am Freitagvormittag, geht nach Regierungsangaben eines der wichtigsten Kraftwerke unerwartet vom Netz und verursacht den totalen Stromausfall.

Regierung macht USA verantwortlich

Präsident Miguel Díaz-Canel schreibt auf der Plattform X, der «Wirtschaftskrieg» der USA sei die Hauptursache für Kubas «Energienotstand», weil er es dem Karibikstaat erschwere, Kraftstoff und andere für die Stromerzeugung nötige Dinge zu importieren. Die autoritär regierenden Kommunisten machen die Sanktionen des großen Nachbarlandes, die sie «Blockade» nennen, für viele Probleme auf Kuba verantwortlich. Das US-Handelsembargo gegen Kuba besteht seit mehr als 60 Jahren. Hinzu kommen weitere Sanktionen – Kuba ist auch eines von nur vier Ländern auf der Liste des US-Außenministeriums der staatlichen Förderer des Terrorismus.

Für die aktuelle Wirtschaftskrise, eine der schwersten seit der Revolution um Fidel Castro von 1959, gibt es aber auch andere Gründe: zu wenig Tourismus, geringere Unterstützung durch das verbündete Venezuela wegen der dortigen Krise und nicht zuletzt die ineffizient organisierte Wirtschaft. Fast alles muss importiert werden – selbst das wichtige Erzeugnis Zucker reicht nicht mehr für den internen Bedarf. Es fehlt dem Einparteienstaat aber an Devisen. Neben Lebensmitteln und Kraftstoff sind unter anderem auch Medikamente knapp. Massenhaft verlassen die Kubaner das Land. Allein in den Jahren 2022 und 2023 schrumpfte die Bevölkerung nach offiziellen Zahlen um fast zehn Prozent.

Landesweiter Ausfall zuletzt nach Hurrikan

Das bisher letzte Mal, als es einen inselweiten Stromausfall gab, war nach dem Durchzug des Hurrikans «Ian» vor gut zwei Jahren. Damals dauerte es für die meisten Haushalte in Havanna fünf Tage, bis die Lichter wieder angingen. Viele verloren dadurch das wenige Essen, das sie im Kühlschrank oder in der Tiefkühltruhe hatten. Es kam zu mehreren kleinen Protesten – die sind auf Kuba selten und werden immer schnell von den Sicherheitskräften gewaltsam beendet.

Die bislang größten Proteste seit der Revolution fanden am 11. und 12. Juli 2021 statt. Tausende Menschen demonstrierten für Freiheit und gegen Misswirtschaft, ein Anlass waren damals aber ebenfalls Stromausfälle. Wohl auch, um mögliche Demonstrationen zu verhindern, zeigt die Polizei in Havanna nun erhöhte Präsenz. Bisher gibt es keine Anzeichen, dass jetzt wieder die Massen auf die Straßen gehen – wohl auch, weil Hunderte der Demonstranten von vor drei Jahren im Gefängnis sitzen und die meisten bekannten Dissidenten entweder ebenfalls in Haft oder im Exil sind.

So sitzen die Kubaner zusammen in der Dunkelheit und machen das Beste aus einer schlechten Situation – etwas, worin die leidgeprüften Menschen notgedrungen Meister sind. Schlafen fällt wegen der Hitze allerdings ohne Ventilator oder Klimaanlage schwer. Wie ruhig es bleibt, dürfte wohl auch damit zusammenhängen, wie lange es dauert, bis die Lichter wieder angehen. Es werde unermüdlich an der Behebung des massiven Stromausfalls gearbeitet, versichert Präsident Díaz-Canel. Der Energienotstand werde aber auch danach weitergehen.

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Stromausfall in Kuba
Das Stromnetz ist landesweit komplett zusammengebrochen.© Ramon Espinosa/AP/dpa
Das Stromnetz ist landesweit komplett zusammengebrochen.
© Ramon Espinosa/AP/dpa
Stromausfall in Kuba
Havanna liegt im Dunkeln. Beleuchtet sind nur noch Hotels und Krankenhäuser, die Generatoren haben.© Nick Kaiser/dpa
Havanna liegt im Dunkeln. Beleuchtet sind nur noch Hotels und Krankenhäuser, die Generatoren haben.
© Nick Kaiser/dpa

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