Sind "Klimaflüchtlinge" überhaupt offiziell Flüchtlinge?

Am Weltflüchtlingstag geht es dieses Jahr um das Recht auf Schutz. Doch welchen Schutz haben Menschen, die vor dem Klimawandel fliehen?

Jedes Jahr findet am 20. Juni der Weltflüchtlingstag statt. In diesem Jahr steht er unter dem Motto "Immer, Überall, Alle". Das UN-Flüchtlingshilfswerk fordert, dass alle Menschen ein Recht auf Schutz haben sollten – egal wo sie herkommen, wo sie sind und wann immer sie gezwungen sind zu fliehen. Aktuell sind weltweit so viele Menschen auf der Flucht wie nie zuvor. Rund 110 Millionen Menschen mussten ihre Heimat wegen Kriegen, Konflikten, Verfolgung und Gewalt verlassen, heißt es vom UN-Flüchtlingshilfswerk. Doch wo sind die Daten zu Menschen die vor dem Klimawandel fliehen? Spätestens nach der Flutkatastrophe im Ahrtal ist klar: Auch der Klimawandel schlägt Menschen in die Flucht. Extreme Wetterereignisse wie Wirbelstürme und Sturmfluten treten immer häufiger auf. Ebenso steigt der Meeresspiegel weiter an und ganze Inselstaaten im Pazifik werden in Zukunft unbewohnbar sein. Viele Menschen weltweit werden also aufgrund von kurz- oder langfristigen Umweltveränderungen ihre Heimat verlassen müssen.

Fehlenden Daten zu klimabedingter Flucht

Genaue Daten darüber, wie viele Menschen aufgrund von Umwelt- und Klimaveränderungen in ein anderes Land fliehen, gibt es bisher nicht. Es liegen hauptsächlich Zahlen darüber vor, wie viele Menschen aufgrund extremer Wetterereignisse innerhalb ihres Landes vertrieben wurden. Nach Angaben des Internal Displacement Monitoring Center (IDMC) traf das im Jahr 2022 etwa auf 32,6 Millionen Menschen zu. Zum Vergleich: 28,3 Millionen Menschen wurden durch Konflikte oder Gewalt intern vertrieben – viele davon durch den Krieg in der Ukraine.

"Klimaflüchtlinge" sind offiziell keine Flüchtlinge

Häufig wird in Berichterstattungen von "Klimaflüchtlingen" gesprochen. Im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention gibt es allerdings keine Klimaflüchtlinge. Die Migrationsforscherin und Professorin Felicitas Hillmann erklärt, dass die Konvention, auf der auch das deutsche Asylsystem basiert, den Klimawandel nicht als Fluchtgrund vorsieht. Denn als die Konvention 1951 verabschiedet worden sei, sei der Klimawandel einfach noch kein Thema gewesen. Als Flüchtling gilt also nur jemand, der aus ethnischen, religiösen und politischen Gründen, und oder wegen seines Geschlechts in seinem Land verfolgt wird und auch nicht innerhalb seines Landes davor fliehen kann. Daher gibt es für Menschen, die vor dem Klimawandel fliehen, kaum Möglichkeiten, einen Schutzstatus in einem anderen Land zu erhalten. Sie haben keine Flüchtlingsrechte. Sucht man allerdings nach einer Bezeichnung für sie, wäre die Bezeichnung "Klimamigranten" passender. Ein Migrant entscheidet sich nämlich freiwillig für die Migration innerhalb des Landes oder ins Ausland, weil er seine Lebensbedingungen verbessern will. 

Klima-Pass, Klima-Card und Klima-Arbeitsvisum als Lösungsansatz

Für den Sachverständigenrat für Migration und Integration ist das deutsche Asylsystem nicht das richtige Verfahren um Menschen aufzunehmen, die durch die Klimakrise vorübergehend oder dauerhaft ihre Heimat verlassen müssen. Sie schlagen deswegen vor einen Klima-Pass, eine Klima-Card und ein Klima-Visum einzuführen. Deutschland sollte "hier eine Vorreiterrolle übernehmen", empfehlen die Sachverständigen - auch weil die Industrienationen und somit auch Deutschland "eine besondere Verantwortung" hätten im Kampf gegen die Klimakrise und deren Folgen.

Der so genannte Klimapass soll insbesondere Bürgern von Ländern, die durch den Klimawandel ihr gesamtes Land verlieren, das Recht geben, dauerhaft nach Deutschland einzuwandern. Gemeint sind zum Beispiel die pazifischen Inselstaaten, deren Atolle bei steigendem Meeresspiegel versinken könnten.

Die Klima-Card soll einer begrenzten Zahl von Menschen aus bestimmten Staaten, die der Klimawandel erheblich, aber nicht existenziell trifft, befristet einen Aufenthalt in Deutschland erlauben. Solange bis Maßnahmen zur Anpassung ihnen erlauben in ihrer Heimat zurückzukehren.

Ein Klima-Arbeitsvisum soll Menschen aus Ländern, die nicht so stark vom Klimawandel betroffen sind, die Möglichkeit geben, hier zu arbeiten und Geld zu verdienen.

Hillmann steht dem Vorschlag des Sachverständigenrates für Migration und Integration jedoch kritisch gegenüber. Die Idee sei noch nicht wirklich ausgereift und es gebe noch viele offene Fragen, zum Beispiel, ab wann ein Gebiet überhaupt als unbewohnbar gelte. "Wir sollten uns alle viel mehr damit beschäftigen, wie wir mit der Klimakatastrophe umgehen", sagt Hillmann.

Autorin: Antonia Röper

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